IJON TICHY: RAUMPILOT


Alle Buchadaptionen für Film und Fernsehen teilen ein Problem: Wie nah an der Vorlage dürfen sie sein? Wer sich haarklein an jedes Detail hält muss sich gegebenenfalls anhören eine redundante Kopie erstellt zu haben, der es an Herz und eigener Perspektive mangelt. Zu sehr abschweifen darf man aber auch nicht, sonst zerreißen einen die Fans in der Luft. Eine Gratwanderung die nicht jedem gelingt!


Dann gibt es jene Adaptionen die vom Original zwar inspiriert wurden, bei den Charakteren und Storyelementen bedienen, aber letztlich etwas ganz Eigenes damit anstellen. Ein Sakrileg, wenn schlecht gemacht und nur zum Zwecke der Gewinnmaximierung auf Kosten eines bekannten Urhebers produziert! Es kann dabei aber auch etwas herauskommen, das auf seine Weise originell und interessant ist. Das sich künstlerische Freiheiten nehmen kann und trotzdem die Vorlage respektiert. Das nicht vorgibt dem Werk vorzustehen, sondern als eigenständige Entität zur Seite.   

Bestes Beispiel ist die deutsche ZDF-Produktion Ijon Tichy: Raumpilot, frei basierend auf dem Sammelband Sterntagebücher des polnischen Science-Fiction-Autors und Visionärs Stanisław Lem (1921 - 2006), der bereits in den 1970ern Errungenschaften wie Nanotechnologie, Neurale Netzwerke und virtuelle Welten vorhersah und sich mit einem kritischen Realismus, der nie einem Sinn für's Absurde entbehrte, den Problematiken seines Genres, der Wissenschaft und menschlichen Natur im Gesamten annahm. Zu seinen bekanntesten Werken zählen neben den Sterntagebüchern die Romane Solaris - der mehrmals verfilmt wurde, zuletzt mit George Clooney in der Hauptrolle - und Der futurologische Kongreß. Die Futurama-Folge "Planet der Roboter" basiert übrigens auch auf einem Kapitel der Sterntagebücher, genauer die Elfte Reise.

1999 und 2000 produzierten Randa Chahoud, Dennis Jacobsen und Oliver Jahn, damals Studenten der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb), ihre beiden ersten Kurzfilme die frei auf Lem's Werke und im Speziellen die Figur des Ijon Tichy basierten. Das Trio schrieb gemeinsam die Drehbücher und führte auch Regie, Jahn übernahm zudem die Hauptrolle. Gedreht wurde, wie später in der ersten Staffel der Serie in seiner Privatwohnung in Berlin. Insgesamt sollte der Eindruck entstehen, dass sich Tichy seine Reisen durchs All nur einbildet.

Die Trashfilme sollten zunächst nur als Übungsstücke dienen und waren ursprünglich nicht einmal für die Öffentlichkeit gedacht. Nachdem sie dann aber doch bei Festivals landeten und ein paar Preise gewannen, wurde ihnen klar, dass sie damit weitermachen wollten. 2005 gründeten sie die Produktionsfirma Kosmische Kollegen, mit der sie aus dem überarbeiteten Konzept eine Comedyserie für den ZDF produzierten, deren erste Staffel 2007 ausgestrahlt wurde.

 


Die großen Unterschiede zum Original sind, dass Ijon Tichy in den Büchern trotz seiner absurden Eskapaden ein ernster intellektueller Mann ist der viel auf seine Prinzipien hält. Jahn's Darstellung hingegen zeigt ihn als zwar durchaus klugen, aber unordentlichen Menschen der wenig wert auf sein Äußeres legt. Sein Tichy bedient sich nicht einer klaren Sprache, sondern einem pseudoausländischen Dialekt mit Wortverdrehungen, die innerhalb des Serienuniversums aber zu einem gesamtgalaktischen Phänomen geworden zu sein scheinen - entweder das, oder Tichy bildet sich das Ganze tatsächlich nur ein. Die Ausstattung besteht, in Anlehnung an Raumpatrouille Orion (1966) wo schon mal ein Bügeleisen als Steuerelement herhalten musste, großteils aus alten Vintage-Küchen- und Wohn-Utensilien. Insgesamt wird sehr viel Retrochic mit zeitgenössischen und futuristischen Elementen verbunden. Der Einsatz von CGI ist stark reduziert, um der Serie mehr Substanz zu verleihen.


Tichy zur Seite steht die Analoge Halluzinelle, gespielt von Nora Tschirner, die auch Fans des Tatort ein Begriff ist. Sie ist eine von Tichy geschaffene K.I. die ihm im Form eines Holograms assistiert. Chahoud, Jacobsen und Jahn, haben sie speziell für die Serie erfunden, da Tichy sonst in den Büchern kaum einen Ansprechpartner hat. Weiters dazu gedichtet wurde die von einer Puppe dargestellte Figur des Mel (gesprochen von Jan Mixsa), dem Assistenten von Professor Tarantoga, welcher in den Sterntagebüchern und im Futurologischen Kongress - dort in manchen Übersetzungen auch als Professor Trottelreiner genannt - Tichy's Freund, hier aber eine Art Gegenspieler darstellt. Beide tauchen erst in der 2011 erschienenen zweiten Staffel auf.   



Tichy mag hier auf den ersten Blick wie ein junger Prolet rüberkommen, der sich Weird Science-mässig eine Freundin zum rumknutschen und putzen gebastelt hat. Dem entgegen dreht sich die Handlung aber um interessante Ideen, Konzepte, Erfahrungen und ihre Konsequenzen, mit denen sich Lem schon vor langer Zeit beschäftigt hat. Wie Zeitparadoxa, die Implikationen von Teleportation, Künstlicher Intelligenz, Kommunikation mit anderen Völkern, virtueller Realität und Umweltthemen.


Die Serie bedient sich einiger der üblichen Tropes des Science-Fiction-Genres, spielt subtil auf Star Wars, Star Trek, Per Anhalter durch die Galaxis und andere zeitgenössische Werke an, steht aber robust auf eigenen Beinen. Nach Ende von Ijon Tichy: Raumpilot ist es wieder still geworden um das Trio Chahoud, Jacobsen und Jahn. Regisseur Dennis Jacobsen drückte allerdings seinen Wunsch aus, die Reihe eines Tages mit einem Spielfilm fortsetzen zu können.



Hier nun ohne weiteres Gewese, die erste Staffel von Ijon Tichy: Raumpilot, frei nach Stanisław Lem...


 

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von Manuel Waldner 24. Juni 2025
Eskalation am Persischen Golf: USA bombardieren iranische Atomanlagen – Ein neuer Weltkrieg am Horizont? Die Welt hält den Atem an, nachdem die USA, laut US-Präsident Donald Trump, iranische Atomanlagen bombardiert haben. Darunter soll sich auch die stark befestigte, unterirdische Uran-Anreicherungsanlage in Fordo befinden. Dieser dramatische Schritt an der Seite Israels stürzt den Nahen Osten in eine neue, brandgefährliche Krise. Stehen wir am Rande eines Flächenbrandes oder gar eines neuen Weltkrieges? In einer exklusiven Analyse ordnet der renommierte Politikwissenschaftler Univ.-Prof. Gerhard Mangott die explosive Lage ein. Die Vereinigten Staaten haben in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingegriffen und nach eigenen Angaben erfolgreich die Atomanlagen des Landes attackiert. Dieser Angriff stellt eine dramatische Eskalation dar und wirft drängende Fragen auf. Für eine Einordnung der Geschehnisse sprach Manuel Waldner, Herausgeber des Kollektiv Magazins, mit Professor Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck, einem der führenden Experten in Österreich. Irans gefährliches Dilemma Für den Iran hat sich die Lage über Nacht dramatisch zugespitzt. Das Land befinde sich in einem fast unlösbaren Dilemma, analysiert Professor Mangott. Einerseits hat Teheran Vergeltung für den Fall eines US-Angriffs angekündigt und ist an diese Aussage gebunden, um innenpolitisch nicht das Gesicht zu verlieren. Ein passives Verhalten könnte den Vorwurf der Schwäche nach sich ziehen, sowohl innerhalb des Regimes als auch von Teilen der Bevölkerung. Andererseits wäre die Konsequenz eines Gegenangriffs auf US-Militärbasen in der Region eine massive amerikanische Vergeltung. "Die Iraner haben kaum noch oder vielleicht gar keine Luftabwehr mehr und werden diesen Luftangriffen durch die USA schutzlos ausgesetzt", warnt Mangott. Dies könnte zu weiterer Zerstörung wichtiger wirtschaftlicher Infrastruktur führen, wie etwa des Hafens von Bandar Abbas oder iranischer Ölanlagen. Trumps Doppelspiel: Zwischen Wahlkampf und Völkerrechtsbruch Doch warum stellt sich Donald Trump so vehement hinter die Kriegspolitik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu? Laut Mangott ist die enge persönliche Beziehung der beiden seit vielen Jahren ein entscheidender Faktor. Zudem spielt die evangelikale Rechte in den USA, eine zentrale Stütze von Trumps Wählerschaft, eine wesentliche Rolle, da sie stark pro-israelisch eingestellt ist. Auch die Unterstützung republikanischer Abgeordneter durch israelische Lobbygruppen ist hierbei nicht zu vernachlässigen. Trump, so die Analyse, habe nach einem außenpolitischen Erfolg gesucht, den er nun gefunden zu haben glaubt. Allerdings muss er sich auch Kritik gefallen lassen. Teile seiner eigenen "Make America Great Again"-Bewegung, darunter einflussreiche Stimmen wie Tucker Carlson oder Steve Bannon, haben sich gegen die Luftangriffe ausgesprochen. Zudem steht der Vorwurf im Raum, dass die USA einem völkerrechtswidrigen Krieg beigetreten sind. Trumps Aussage nach dem Angriff, "jetzt ist Zeit für Frieden", wirkt vor diesem Hintergrund "relativ zynisch", so Mangott. Die Scherben der Diplomatie und die neue Welt(un)ordnung Der US-Militärschlag konterkariert die diplomatischen Bemühungen der Europäer, die noch am Freitag zuvor in Genf versucht hatten, eine Verhandlungslösung anzubahnen. "Wenn es tatsächlich ernst gemeint war, dann muss man sagen, es wird deutlich, was Trump von den Europäern hält, nämlich nichts", stellt Mangott ernüchtert fest. Die Europäer seien in dieser Frage als "irrelevant" vorgeführt worden. Dieser Vorfall reiht sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung, in der das Völkerrecht zunehmend erodiert. "Russland hat das Völkerrecht gravierend gebrochen, die USA jetzt. Israel hat das Völkerrecht gravierend zerstört", so der Experte. Das in der UN-Charta verankerte Gewaltverbot scheine obsolet zu werden. Eine gefährliche Lektion für die Weltgemeinschaft könnte lauten: Nur der Besitz von Nuklearwaffen garantiert die staatliche Existenz – eine Lektion, die Nordkorea bereits gelernt habe. Sollte sich der Iran nun aus dem Atomwaffensperrvertrag zurückziehen, würde dies das globale Nichtverbreitungsregime weiter schwächen. Ein Flächenbrand statt eines Weltkrieges? Die Angst vor einem Dritten Weltkrieg hält Mangott für überzogen. Eine regionale Eskalation sei jedoch "brisant genug". Sollte der Iran seine Drohungen wahr machen und die rund 40.000 in der Region stationierten US-Soldaten angreifen, würde dies unweigerlich zu weiteren US-Angriffen auf wichtige Ziele im Iran führen. "Dann ist überhaupt nicht zu sagen, wann und wo dieser Krieg stehen bleibt", befürchtet Mangott. Die wirtschaftlichen Folgen wären auch für Europa direkt spürbar. Stark steigende Rohölpreise könnten die ohnehin schwächelnden europäischen Volkswirtschaften hart treffen. Währenddessen dürften Reaktionen von Russland und China über verbale Verurteilungen des völkerrechtswidrigen Angriffs kaum hinausgehen. Langfristige Instabilität statt Frieden Netanyahus Ziel, den Nahen Osten neu zu ordnen und als derjenige in die Geschichte einzugehen, der das iranische Atomprogramm zerstört hat, treibt ihn dazu, "aufs Ganze zu gehen" und Völkerrecht zu brechen. Die von Trump einst angestrebte Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, scheint nun "mehr als verbaut". Die Region bleibt instabil. Die USA sind nun wieder stärker militärisch an den Nahen Osten gebunden, was ihren strategischen Fokus auf den Rivalen China weiter erschwert. Der von Netanyahu als Reaktion auf den US-Angriff prophezeite Einzug von "Wohlstand und Frieden" in die Region, scheint damit in weite Ferne gerückt. Über den Experten: Gerhard Mangott ( 9. Juni 1966 in Zams) ist ein österreichischer Politikwissenschaftler und Professor für Politikwissenschaft mit der Spezialisierung auf Internationale Beziehungen und Sicherheitsforschung im post-sowjetischen Raum an der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Innen- und Außenpolitik Russlands, die Außenpolitik der USA, Großmächtebeziehungen, strategische Rüstungskontrolle und nukleare Proliferation. Seine Expertise ist in internationalen Medien und bei politischen Entscheidungsträgern gefragt.
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