EXPERIMENTELLE KLANGERZEUGUNG 101

Source: Andrea Neumann's "Inside Piano" (2010) am Goethe-Institut Boston, basierend auf John Cage's "Prepared Piano".



Schon der Frühmensch experimentierte mit der Erzeugung von Klang und der daraus resultierenden Produktion von Musik. Klopft man die richtigen Steine gegeneinander, die einen schönen Klang erzeugen, ist der nächste Schritt dies in einem gewissen Rhythmus zu tun, der um weitere Impulse ergänzt werden kann, wie Gesang oder Tanz. Und so weiter. Irgendwann entdeckte man die Vorzüge von Fell das über einen geeigneten Resonanzkörper gespannt, einen noch lauteren klareren Ton erzeugte, der sich, je nachdem wie man das Ganze anschlug, weiter variieren ließ. Dabei entstanden auch Variationen im Rhythmus, die zu weiteren Experimenten anregten. Kurz: Das Spiel mit Klang und Musik zählt zu den inspirierensten Kunstformen seit Anbeginn der Menschheit.


Man könnte noch lange über die Entwicklungen der Klangerzeugung sprechen, über die ersten Blas- und Saiteninstrumente, Pythagoras und die Harmonielehre... doch soll das nicht Gegenstand unseres heutigen Artikels sein, sondern jene Experimente die noch garnicht so lange her sind und immer noch großes Potential in sich bergen. Wie das Prinzip der Intonarumori, einer Erfindung des italienischen Futuristen Luigi Russolo (1885 – 1947). Dieser kategorisierte in seinem Manifest "L’arte dei rumori" (Die Kunst der Geräusche) von 1913 erstmals alle Formen von Geräuschen und stellte die damals provokante These auf, dass man sie nicht aus der Musik ausschließen dürfe.

Bevor Russolo daher kam, hatte sich Musik zu Etwas entwickelt das harmonisch und rein im Klang sein sollte. Geräusche wie "Brummen", "Rauschen" oder "Zischen" zählten definitiv nicht dazu. Um das Gegenteil zu beweisen erfand er eine Reihe von Instrumenten, welche eine breite Palette dieser Geräusche erzeugten, die sogenannten Intonarumori, die Russolo im Verbund mit einem Orchester zur Aufführung brachte. Der Erfolg seines Experiments blieb zunächst aus, auch weil in der Zwischenzeit der Erste Weltkrieg losgebrochen war. Die Geschichte gab ihm in dem Punkt aber recht und Russolo gilt heute als Vater der Noise-Musik, auch wenn seine Bekanntheit von der Tatsache getrübt ist, dass sich die italienischen Futuristen später mit den Faschisten ins Bett legten.


 




Ein weiteres interessantes Experiment war das Präparierte Klavier des Amerikaners John Cage (1912 - 1992). Inspiriert von Henry Cowell (1897–1965), der als einer der Ersten mit dem Innenleben des Klaviers experimentierte und beim Spielen schon mal direkt hinein griff, begann Cage in den 1930ern damit Schrauben zwischen die Saiten zu stecken und basierend auf den daraus resultierenden, mehr abgehakten rhythmischen Klängen ganze Musikstücke zu komponieren.


Die Präparierung von Klavieren und vergleichbaren Tasteninstrumenten fand seither vielfache Verwendung. Cage selbst präparierte für das Stück "All Tomorrow's Parties" (1967) von The Velvet Underground & Nico ein Klavier mit Büroklammern. Jazzlegende Dave Brubeck verwendete für sein Stück "Blues Roots" von 1968 Kupferstreifen um einen Honky-Tonk-Sound zu erzeugen. Jüngeren Lesern dürfte dazu auch Aphex Twin's Album "Drukqs" von 2001 einfallen. Wir möchten euch aber vor allem den zeitgenössischen deutschen Komponisten Volker Bertelmann alias Hauschka ans Herz legen...







Das Experiment mit Tonträgern brachte auch einige interessante Neuerungen mit sich. Es gibt Instrumente die auf geloopten Magnetbändern basieren, deren Output beliebig moduliert werden kann. Dann natürlich die Vertreter der Musique Concrete, die Bänder zerschnitten, neu arrangierten, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten überspielten und so weiter. Obwohl es die Schallplatte schon wesentlich länger gab, kam die große Revolution mit ihr erst in den 1970ern, mit dem Turntablism, der Musikstile wie den Hip Hop prägte. Umso ironischer, dass es sich bei der ersten kommerziell erfolgreichen Single die das Scratchen einer breiten Öffentlichkeit bekannt machte, ausgerechnet um "Rockit" von Jazzmusiker Herbie Hancock handelte. 


Und dann gab es da natürlich noch den Künstler Christian Marclay, der die Cut-Up-Prinzipien der Musique Concrete auf den Turntablism übertrug, kurz: Schallplatten zerteilte und neu zusammenklebte. Das Ergebnis war in gewisser Weise schon noch Musik, bestand aber eben aus kurzen Versatzstücken, die sich unentwegt in die Quere kamen, abwechselten und einen ungeahnt komplexen Rhythmus erzeugten. Ein Sound der durch das spätere Microsampling - mit Interpreten wie John Oswald (dazu auch unser Beitrag Plunderphonics - Alles nur geklaut?) oder Akufen - und dem IDM/Glitch zunehmend an Bedeutung gewann.







Der Plattenspieler selbst erweist sich allerdings auch als ein hervorragendes Hilfsmittel zur Klangerzeugung, wie uns der britische Künstler Graham Dunning im nächsten Video beweist. Nicht nur macht er sich Marclay's Technik zunutze, um einen einfachen Beat zu erzeugen, er nutzt auch die Drehung des Turntables zum mechanischen Anspiel mehrerer Elemente die er Schicht für Schicht übereinander legt.







Heutzutage hat man oft den Eindruck, es gäbe keine Innovation mehr in der Musik. Dass sich noch immer auf so viele Arten und Weisen mit Klang experimentieren lässt, gibt allerdings Grund zur Hoffnung. Besonders, da man sich mit etwas Kreativität so einfachen Hilfsmittel zunutze machen kann wie Magneten. Hier also zum Abschluss ein Beitrag von Youtube-Channel Magnetic Games...




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von Manuel Waldner 24. Juni 2025
Eskalation am Persischen Golf: USA bombardieren iranische Atomanlagen – Ein neuer Weltkrieg am Horizont? Die Welt hält den Atem an, nachdem die USA, laut US-Präsident Donald Trump, iranische Atomanlagen bombardiert haben. Darunter soll sich auch die stark befestigte, unterirdische Uran-Anreicherungsanlage in Fordo befinden. Dieser dramatische Schritt an der Seite Israels stürzt den Nahen Osten in eine neue, brandgefährliche Krise. Stehen wir am Rande eines Flächenbrandes oder gar eines neuen Weltkrieges? In einer exklusiven Analyse ordnet der renommierte Politikwissenschaftler Univ.-Prof. Gerhard Mangott die explosive Lage ein. Die Vereinigten Staaten haben in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingegriffen und nach eigenen Angaben erfolgreich die Atomanlagen des Landes attackiert. Dieser Angriff stellt eine dramatische Eskalation dar und wirft drängende Fragen auf. Für eine Einordnung der Geschehnisse sprach Manuel Waldner, Herausgeber des Kollektiv Magazins, mit Professor Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck, einem der führenden Experten in Österreich. Irans gefährliches Dilemma Für den Iran hat sich die Lage über Nacht dramatisch zugespitzt. Das Land befinde sich in einem fast unlösbaren Dilemma, analysiert Professor Mangott. Einerseits hat Teheran Vergeltung für den Fall eines US-Angriffs angekündigt und ist an diese Aussage gebunden, um innenpolitisch nicht das Gesicht zu verlieren. Ein passives Verhalten könnte den Vorwurf der Schwäche nach sich ziehen, sowohl innerhalb des Regimes als auch von Teilen der Bevölkerung. Andererseits wäre die Konsequenz eines Gegenangriffs auf US-Militärbasen in der Region eine massive amerikanische Vergeltung. "Die Iraner haben kaum noch oder vielleicht gar keine Luftabwehr mehr und werden diesen Luftangriffen durch die USA schutzlos ausgesetzt", warnt Mangott. Dies könnte zu weiterer Zerstörung wichtiger wirtschaftlicher Infrastruktur führen, wie etwa des Hafens von Bandar Abbas oder iranischer Ölanlagen. Trumps Doppelspiel: Zwischen Wahlkampf und Völkerrechtsbruch Doch warum stellt sich Donald Trump so vehement hinter die Kriegspolitik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu? Laut Mangott ist die enge persönliche Beziehung der beiden seit vielen Jahren ein entscheidender Faktor. Zudem spielt die evangelikale Rechte in den USA, eine zentrale Stütze von Trumps Wählerschaft, eine wesentliche Rolle, da sie stark pro-israelisch eingestellt ist. Auch die Unterstützung republikanischer Abgeordneter durch israelische Lobbygruppen ist hierbei nicht zu vernachlässigen. Trump, so die Analyse, habe nach einem außenpolitischen Erfolg gesucht, den er nun gefunden zu haben glaubt. Allerdings muss er sich auch Kritik gefallen lassen. Teile seiner eigenen "Make America Great Again"-Bewegung, darunter einflussreiche Stimmen wie Tucker Carlson oder Steve Bannon, haben sich gegen die Luftangriffe ausgesprochen. Zudem steht der Vorwurf im Raum, dass die USA einem völkerrechtswidrigen Krieg beigetreten sind. Trumps Aussage nach dem Angriff, "jetzt ist Zeit für Frieden", wirkt vor diesem Hintergrund "relativ zynisch", so Mangott. Die Scherben der Diplomatie und die neue Welt(un)ordnung Der US-Militärschlag konterkariert die diplomatischen Bemühungen der Europäer, die noch am Freitag zuvor in Genf versucht hatten, eine Verhandlungslösung anzubahnen. "Wenn es tatsächlich ernst gemeint war, dann muss man sagen, es wird deutlich, was Trump von den Europäern hält, nämlich nichts", stellt Mangott ernüchtert fest. Die Europäer seien in dieser Frage als "irrelevant" vorgeführt worden. Dieser Vorfall reiht sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung, in der das Völkerrecht zunehmend erodiert. "Russland hat das Völkerrecht gravierend gebrochen, die USA jetzt. Israel hat das Völkerrecht gravierend zerstört", so der Experte. Das in der UN-Charta verankerte Gewaltverbot scheine obsolet zu werden. Eine gefährliche Lektion für die Weltgemeinschaft könnte lauten: Nur der Besitz von Nuklearwaffen garantiert die staatliche Existenz – eine Lektion, die Nordkorea bereits gelernt habe. Sollte sich der Iran nun aus dem Atomwaffensperrvertrag zurückziehen, würde dies das globale Nichtverbreitungsregime weiter schwächen. Ein Flächenbrand statt eines Weltkrieges? Die Angst vor einem Dritten Weltkrieg hält Mangott für überzogen. Eine regionale Eskalation sei jedoch "brisant genug". Sollte der Iran seine Drohungen wahr machen und die rund 40.000 in der Region stationierten US-Soldaten angreifen, würde dies unweigerlich zu weiteren US-Angriffen auf wichtige Ziele im Iran führen. "Dann ist überhaupt nicht zu sagen, wann und wo dieser Krieg stehen bleibt", befürchtet Mangott. Die wirtschaftlichen Folgen wären auch für Europa direkt spürbar. Stark steigende Rohölpreise könnten die ohnehin schwächelnden europäischen Volkswirtschaften hart treffen. Währenddessen dürften Reaktionen von Russland und China über verbale Verurteilungen des völkerrechtswidrigen Angriffs kaum hinausgehen. Langfristige Instabilität statt Frieden Netanyahus Ziel, den Nahen Osten neu zu ordnen und als derjenige in die Geschichte einzugehen, der das iranische Atomprogramm zerstört hat, treibt ihn dazu, "aufs Ganze zu gehen" und Völkerrecht zu brechen. Die von Trump einst angestrebte Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, scheint nun "mehr als verbaut". Die Region bleibt instabil. Die USA sind nun wieder stärker militärisch an den Nahen Osten gebunden, was ihren strategischen Fokus auf den Rivalen China weiter erschwert. Der von Netanyahu als Reaktion auf den US-Angriff prophezeite Einzug von "Wohlstand und Frieden" in die Region, scheint damit in weite Ferne gerückt. Über den Experten: Gerhard Mangott ( 9. Juni 1966 in Zams) ist ein österreichischer Politikwissenschaftler und Professor für Politikwissenschaft mit der Spezialisierung auf Internationale Beziehungen und Sicherheitsforschung im post-sowjetischen Raum an der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Innen- und Außenpolitik Russlands, die Außenpolitik der USA, Großmächtebeziehungen, strategische Rüstungskontrolle und nukleare Proliferation. Seine Expertise ist in internationalen Medien und bei politischen Entscheidungsträgern gefragt.
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Österreichs YouTube-Szene hat ein aufstrebendes Gesicht: Kanya, die mit ihrem Kanal "Kanya fragt nach" bereits in jungen Jahren – noch keine 16 – eine beeindruckende Liste an prominenten Interviewpartnern vorweisen kann. Normalerweise ist sie diejenige, die mit scharfsinnigen Fragen das Innerste bekannter Persönlichkeiten erkundet. Doch nun dreht sich der Spieß um: In einer spannenden Begegnung, initiiert von einem Freund des Kollektiv Magazins, stellt sich Kanya selbst den Fragen – und zwar niemand Geringerem als Werner Gruber, Österreichs ebenso schillerndem wie scharfsinnigem Paradephysiker. Der Mann, der komplexe Wissenschaftsthemen mit spielerischer Leichtigkeit und einer Prise Wiener Schmäh unters Volk bringt, nimmt diesmal die junge Medienmacherin ins Visier. Mit gewohnter Neugier und analytischem Scharfsinn hinterfragt Gruber die Triebfedern und Visionen der Teenagerin, die trotz ihrer Erfolge vor der Kamera eine klare Zukunftsperspektive hat: die Schauspielerei. Es verspricht ein faszinierendes Zusammentreffen zweier Generationen und zweier Welten zu werden – ein Gespräch, das nicht nur Kanyas Motivationen beleuchtet, sondern auch einen einzigartigen Blick auf die Ambitionen einer jungen Frau wirft, die bereits jetzt die österreichische Medienlandschaft aufmischt.
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