KABINENFREIHEIT (SATIRE)
Seit ich nach Wien gezogen bin verdinge ich mich gelegentlich als Komparse für Film und Fernsehen. Neulich durfte ich einen Häftling spielen, der in einem Gefangenentransporter weggefahren wurde: Einem Bus mit einzelnen Kabinen, in die ich und meine Kollegen von einem wortkargen Justizwachebeamten eingeschlossen wurden, ehe er uns einmal um den Block fuhr. Überwachungskameras filmten uns dabei, wie wir deprimiert aus plexiglasverstärkten Bullaugen glotzten. Dabei geschah etwas Sonderbares: Ich fühlte mich, entgegen der Prämisse meiner Rolle, unglaublich befreit. Alle Sorgen und Verantwortungen lagen hinter mir, mein Leben würde nun einfacher und unkomplizierter. Es gab Leute deren Job es war, regelmäßig auf mich zu schauen, mir zu sagen, was ich zu tun hatte. Ein wirklich merkwürdiges Gefühl, das zum Glück nachließ, als unsere Szene im Kasten war und wir die Kabinen wieder verlassen durften. Langsam verstehe ich, dass manche Leute bereit sind ihre harterkämpften Freiheiten zugunsten ihrer Sicherheit zu opfern. Nicht mal zwingend aus Angst vor dem Fremden, sondern dem Allzubekannten. Manchmal sind wir einfach überfordert mit dem Leben und wünschen uns jemanden, der die Last der Eigenverantwortung von unseren Schultern nimmt. Wenn wir doch bloß genauer schauen würden, wem wir da die Schlüssel in die Hand drücken: Verbrechern und Lügnern! Da bleibe ich lieber selbstbestimmt und frei, wenn's auch mitunter mühsam ist. Und zur Not hab ich ja immer noch den Eskapismus...*
Danke für ihr Feedback!